WohnGut

Mehrgenerationen-Wohnprojekt in Potsdam

Geschichte

Unsere Gruppe ist ursprünglich aus einer Babelsberger FoodCoop hervorgegangen, in der sich einige Menschen gefunden haben, die über die gemeinsame Essensorganisation hinaus noch mehr zusammen schaffen wollten. Zusammen mit weiteren Interessierten begann die lange Reise zur Verwirklichung des eigenen Hausprojekts. Ziel war es, gemeinsam einen ökologischen, nachhaltigen Wohnraum zu sozialverträglichen Konditionen zu schaffen. Als wichtig wurde weiterhin eine kinderfreundlicher Atmosphäre und „eine gute Nachbarschaft“, in der man sich auf einander verlassen kann, bestimmt.

Die Zeit bis von der Idee bis zur Realisierung dauerte ca. 5 Jahre, bis zum Sommer 2008. Zahlreiche Fragen waren zu klären: Neben dem Finden einer tragfähigen Gruppe mussten die Rechtsform, die Finanzierung und die Objektsuche gestemmt werden.

Die Gruppe hat sich in weiten Teilen über den mehrjährigen Prozess der Projektbildung gefunden. Ausgehend von der aus der FoodCoop hervorgegangenen „Kerngruppe“ stießen beständig neue Interessentinnen dazu, andere verließen uns nach einiger Zeit wieder und langsam bildete sich eine eingespielte „feste Gruppe“. Neue Menschen wurden durch Pressebeiträge oder über Schulkontakte und Bekanntschaften auf WohnGut aufmerksam. Es wurde ein System geschaffen, bei dem neue Menschen als „Interessenten“ in einer drei- bis sechs-monatigen Phase mitwirken und reinschnuppern konnten. Dazu gehörte auch die Teilnahme an einer gemeinsamen Wochenendreise. Nach dieser Phase entschieden sich Interessenten und Gruppe für oder gegen einen weiteren gemeinsamen Weg. Als Mitglied der „festen Gruppe“ mit vollem Stimmrecht standen dem Einzug nur noch das fehlende Objekt samt Finanzierung im Wege. ;-)

Gemeinsames Kennenlern- und Arbeitswochenende in den Räumen der Freien Schule Potsdam.

Gemeinsames Kennenlern- und Arbeitswochenende in den Räumen der Freien Schule Potsdam.

Die Wahl der Rechtsform fiel auf das Modell der Genossenschaft, welche seit jeher die „soziale Förderung ihrer Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb“ [1] in den Mittelpunkt stellt. Ein weiterer Vorteil ist, dass jedes Mitglied genau eine Stimme hat, unabhängig von den getätigten Einlagen. Größter Nachteil dieser Rechtsform sind wohl die umfänglichen Anforderungen was die Gründung, Satzungsänderungen oder schon die Wahl eines neuen Vorstands bedeuten. Dazu muss jedes mal ein Notar aufgesucht werden. Außerdem ist gesetzlich eine regelmäßige Prüfung durch einen Prüfungsverband vorgeschrieben. Das alles kostet Zeit, Geld und Kraft.

In der Gründungsphase haben wir zahlreiche existierende Projekte und Initiativen besucht. Im Austausch lernten wir produktive Gemeinschaft-Praktiken kennen und vernetzten uns in der „Projekt-Szene“. Durch die Teilnahme und AuWissen bereits hierschftritte auf Messen konnten wir unsere Idee weiter bekannt machen und neue Menschen kennen lernen.

Um unseren Wunsch auch nach politischer Unterstützung von alternativen Wohnformen Ausdruck zu verleihen, haben wir vielfältige Aktionen unternommen. Neben einer Demo inklusive Theaterstück und Herausgabe einer fiktiven Zukunftsmusik-Zeitung haben wir eine Petition an den brandenburgischen Landtag gestartet und sind mit (fast) allen Fraktionen der Potsdamer Stadtverordneten-Versammlung im Gespräch und auf der Suche nach Unterstützung gewesen.

Fiktive Zeitungsseite erschienen am 08.05.2007. Wunschträume darüber wie alternative Wohnformen in Potsdam gefördert werden könnten.

Fiktive Zeitungsseite erschienen am 08.05.2007. Wunschträume darüber wie alternative Wohnformen in Potsdam gefördert werden könnten.

Die Objektsuche nahm einen großen Teil unsere Zeit in Anspruch, zumal die Immobilien-Situation in Potsdam für nicht-gewinnorientierte Käufer auch zu dieser Zeit schon schwierig geworden war. Mit Wohngebiets-Spaziergängen und vielen offenen Ohren taten wir Immobilien auf, die zumeist nicht ohne Grund, noch zu haben waren. Dabei waren z.B. die ehemaligen Grenzerkasernen in der Spitzweggasse, die Hüllennäherei des Potsdamer Luftschiffhafen, das Gebäude der heutigen „23 Riesen„, eine Villa eines ehemaligen Düngemittelbetriebes bei Hermannswerder oder eine alte Schule in der Bornimer Mitschurinstrasse.

Hüllennäherei Luftschiffhafen Potsdam. Hier wurden zu Luftschiffzeiten die "Häute" der Schiffe genäht. Eine Projektidee von WohnGut im Jahr 2007.

Hüllennäherei Luftschiffhafen Potsdam. Hier wurden zu Luftschiffzeiten die „Häute“ der Schiffe genäht. Eine Projektidee von WohnGut im Jahr 2007.

Die Gruppe war nach vielen gescheiterten Projekten an einem Wendepunkt angekommen, die Situation in Potsdam schien aussichtslos und es gab Überlegungen, dass Projekt in Potsdams ländlicher Umgebung oder gar in der Uckermark zu realisieren. Doch Dank offener Augen und Ohren wurde schließlich ein fast leerer Altbau in der Babelsberger Uhlandstrasse aufgetan. Auch hier gab es handfeste Gründe, für den aktuellen Leerstand — doch nichts was uns jetzt aufhalten konnte. Mithilfe von GLS-Bank, Freunden, Bekannten und unseren Familien stemmten wir den Hauskauf und die anschließende Sanierung. Im Juni 2008 zogen die Ersten — in die zu diesem Zeitpunkt nicht beendete — Baustelle.

Seit dem hat sich vieles getan. Nachdem die Wohnungen einigermaßen fertig waren — so richtig fertig ist man als Eigentümer ja nie — wurde der Garten gestaltet, ein „bikeport“ errichtet, alte Schuppen und Garagen abgerissen, die Hoftür saniert, Rasen gesäht, ein Sandkasten ausgehoben und ein Gartenklo gebaut. Und es geht weiter: die Instandsetzung der Remise wird uns noch einiges an Kraft und auch Geld kosten. Aber wir haben da jetzt auch schon genug Erfahrung, die wir übrigens gern weitergeben.

Links

[1] Wikipedia Genossenschaft

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